Albert Einstein an Moritz Schlick

Berlin 6. II. 17.

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ihre Darlegung

Schlick, M.: „Raum und Zeit in der gegenwärtigen Physik. Zur Einführung in das Verständnis der allgemeinen Relativitätstheorie“, in: Die Naturwissenschaften, Jg. 5, 1917, S. 161-167 und 177-186.

ist von unübertrefflicher Klarheit und Übersichtlichkeit. Sie haben sich um keine Schwierigkeit herumgedrückt sondern den Stier bei den Hörnern gepackt, alles Wesentliche gesagt und alles Unwesentliche weggelassen. Wer Ihre Darlegung nicht versteht, der ist überhaupt unfähig, einen derartigen Gedankengang aufzufassen. Sehr gut hat mir gefallen, dass Sie nicht a posteriori die allgemeine Relativitätstheorie als erkenntnistheoretisch notwendig sondern nur als in höherem Masse befriedigend hingestellt haben. Diese Unbestechlichkeit freut mich besonders. Zu kritisieren habe ich gar nichts, sondern nur die Treffsicherheit Ihres Denkens und Ihres Wortes zu bewundern. Ich sende Ihnen die Arbeit doch zurück, weil auf Seite 27 und 28 je eine kleine Ungenauigkeit steckt, der noch abgeholfen werden muss.

Schon Ihr Aufsatz über spezielle Relativitätstheorie

Schlick, M.: Die philosophische Bedeutung der Relativitätstheorie, in: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 159, 1915, S. 129-175.

ist vortrefflich. Haben Sie noch Exemplare davon? Leider ist mir das von Ihnen Überreichte durch Ausleihen abhanden gekommen, und ich würde es doch sehr gerne besitzen. Darf ich so unbescheiden sein, Sie um 2 oder wenn möglich 3 Exemplare dieser Ihrer neuen Arbeit zu bitten. Ich möchte meinen Freuden in Zürich gern eines zukommen lassen.

Seien Sie bestens gegrüsst

von Ihrem

A. Einstein